Pressemitteilungen des Jahres 2020

Wohlfahrtsverbände appellieren an die Landesregierung:
Keine Zustimmung zum Regelbedarfsermittlungsgesetz


Am 19.08.2020 hat das Bundeskabinett das Regelbedarfsermittlungsgesetz verabschiedet. Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz fordert die Landeregierung auf, dem Gesetz im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern.

Die Nichtanerkennung oder nur teilweise Anerkennung von elementaren Grundbedürfnissen geht an der Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen vorbei und verfestigt die gestiegene Armut in unserem Land. Die LIGA beklagt, dass das angewandte Statistikmodell methodische Fehler hat, die letztlich Menschen in Armutslagen von der Teilhabe am sozialen Leben ausschließen oder angemessene Regelsätze vorenthalten.

Wenn 7,66 Euro im Monat den Hygienebedarf inkl. der Windeln für Babys und Kleinkinder decken sollen, kann dieses Gesetz nur als zynische Antwort auf die von Armut betroffenen Teile der Bevölkerung gedeutet werden. Andreas Zels, amtierender Vorsitzender der LIGA, weist darauf hin, dass dieses Gesetz immerhin mehr als 7 Millionen Menschen in Deutschland betrifft. Als weitere Beispiele führt er aus: „Von den Strom- und Energiekosten werden 36,87 Euro und für den öffentlichen Nahverkehr bzw. Mobilität gerade mal 39,01 Euro monatlich anerkannt. Real liegen die Stromkosten für einen Einpersonenhaushalt sehr deutlich höher. Jeder kann sich außerdem selbst ausrechnen, für wie viele Fahrten zum Einkauf, Behördengängen, Ärzten oder Besuchen 39,01 Euro reichen können. Am Ende führen diese und andere Beispiele dazu, dass ein würdevolles Leben schlicht unmöglich ist, Menschen sich zurückziehen, vereinsamen und den permanenten Mangel als krankmachend erleben müssen“, so Zels.

Die LIGA weist auch auf grundlegende Fehler des Gesetzes hin: Dieses bezieht sich auf die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus 2018. Während im Gesetz eine Anhebung der Regelsätze in Höhe von 0,93 % fortgeschrieben werde, erhöhten sich die Regelbedarfe 2019 und 2020 um 2,02 %, bzw. 1,88 %. Warum der Anstieg im Gesetz nicht nachvollzogen wird, bleibt rätselhaft. Auch bei der Auswahl der Referenzgruppen lassen sich viele Fehler nachweisen. Einerseits mussten die Gruppen der Menschen, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung erhalten, außerhalb der Berechnungen bleiben. Andere von Armut betroffen Gruppen wie Studenten oder „Aufstocker“ wurden dagegen einbezogen. In der Folge führen relativ kleine Gruppen mit ihren Angaben im Ergebnis zu den geringen Regelsätzen, weil statistische Ergebnisse weniger Fallgruppen zum Bedarf erklärt würden.

Die LIGA fordert die Landesregierung in Rheinland-Pfalz auf, sich für ein geändertes Berechnungssystem einzusetzen, das die tatsächlichen Lebensbedarfe, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, ausreichend berücksichtigt.

Landesstelle Sucht – WIR zeigen Gesicht

Die Präventionsfachkräfte in Rheinland-Pfalz haben den Corona-Lockdown genutzt und eine gemeinsame Plakataktion „Wir zeigen Gesicht“ durchgeführt. Das Team des Referats Suchtprävention der LZG hat sich daran beteiligt.

Eine Präventionsfachkraft, die die Aktion mit ihrer Kollegin initiiert hat, erklärt dazu:

„Hallo, ich bin Eva Heitkötter und ich spreche heute auch im Namen meiner Kollegin Claudia Engler. Wir sind in der Suchtprävention des Caritasverbandes Mosel-Eifel-Hunsrück rund um die Marienburg in den Landkreisen Cochem-Zell und Bernkastel-Wittlich tätig. Wir haben in der vergangenen Woche gemeinsam mit allen Präventionsfachkräften aus Rheinland-Pfalz eine Kampagne auf den digitalen Kanälen gestartet. Mit der Kampagne zeigen wir Gesicht und ermuntern gleichzeitig junge Leute, den Blick auf die vielleicht scheinbar kleinen Dinge im Leben oder auf Menschen zu richten, die sie glücklich machen. Wir zeigen deshalb Gesicht, weil wir für Menschen in Krisensituationen und Suchtfragen da sind. Wir sind für alle, die kommen, anonym, kostenlos und absolut verschwiegen. Wir wünschen allen, die zuhören, Erfahrungen von Halt und Glück, die vor einer Suchterkrankung schützen können. Und wir wünschen Mut, Hilfe zu holen, wenn wir mal nicht weiter wissen. Es gibt Menschen, die einfach da sind in solchen Herausforderungen. Wir gehören dazu!“

Ratschlag Kinderarmut 2020
Ein gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen muss in unserer Gesellschaft Priorität haben!

Jedes fünfte Kind und jeder fünfte Jugendliche wächst in einem Haushalt auf, in dem Mangel zum Alltag gehört: Mangel an Geld sowie an sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Chancen. Armut grenzt aus, Armut macht krank. Diese Zusammenhänge sind seit Langem bekannt und wissenschaftlich erwiesen.

Die Politik ist nicht untätig: Vom Aufbau von Präventionsketten auf kommunaler Ebene über den Ausbau der Kindertagesbetreuung bis hin zum Starke-Familien-Gesetz wird versucht, Kinder und Jugendliche in ihrem Aufwachsen zu begleiten und ihre Startchancen und Teilhabemöglichkeiten zu verbessern.

Landesarmutskonferenz

Forderungen der Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz

Die Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz hat Forderungen an die Politik im Umgang mit den Folgen der Coronakrise für arme Menschen aufgestellt. Die beiden Sprecher der Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Gerhard Trabert (Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.) und Albrecht Bähr, pfälzischer Landespfarrer für Diakonie und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Diakonie in Rheinland-Pfalz, fordern die Solidarität der Gesellschaft und der Politik mit den Ärmsten der Gesellschaft, die von Krisen stets am härtesten und nachhaltigsten betroffen seien.

Corona-Pandemie
Keine ausreichende Unterstützung für soziale Organisationen und freie Träger!

Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege fordert eine deutliche Ausweitung des Rettungsschirms für die soziale Infrastruktur

Es werden erheblich mehr Ressourcen für die Herausforderungen in der stationären und ambulanten Altenpflege benötigt – das hat die PflegeGesellschaft Rheinland-Pfalz bereits mehrfach bei der Landesregierung Rheinland-Pfalz platziert. Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege schließt sich hiermit in Gänze diesen Forderungen und Befürchtungen an, sieht aber auch für nahezu alle anderen sozialen Bereiche dringenden Handlungsbedarf.

Der Rettungsschirm für die sozialen Dienstleister in Form des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG) wurde im Eilverfahren verabschiedet. Dieses Sozialschutz-Paket sichert allerdings lediglich Betriebsausgaben in einer Höhe von bis zu 75%. Dies reicht aber bei Weitem nicht aus, um die gemeinnützigen Organisationen adäquat und ausreichend zu unterstützen. Hierzu Andreas Zels, Vorsitzender der LIGA: „Die Lage für uns Sozialdienstleister ist sehr kritisch, da wir als gemeinnützige Organisationen nicht gewinnorientiert aufgestellt sind. Es gilt das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, wonach wir angehalten sind, schnell zu reinvestieren, wir dürfen keine Rücklagen bilden. Daher stellt sich eine Refinanzierung der letzten 25% als äußert schwierig dar. Jetzt rächen sich die über Jahre und Jahrzehnte eingefrorenen Förderungen und damit erzwungenen Eigenmittel.“ Zels weiter: „Die Versorgung mit Schutzausrüstung gestaltet sich in den anderen der Feldern der sozialen Arbeit noch wesentlich schwieriger als in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, da Schutzausstattung weder verfügbar ist noch refinanziert wird.“

All unsere Bereiche haben mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie stark zu kämpfen. Auch wenn die stationären Angebote noch bis zum 30. April regulär weiterfinanziert werden, haben beispielsweise Träger von ambulanten Angeboten für Menschen mit Behinderung  oder Kinder und Jugendlichebereits jetzt das Nachsehen. Weil Tagesaufenthalte geschlossen sind, brechen die gewohnten Tagesstrukturen weg, die Bewohnerinnen und Bewohner müssen zuhause bleiben, es herrscht „Lagerkoller“. All dies bedeutet für die Menschen eine hohe psychische Belastung. Ein durch Corona stark erhöhter Krankenstand auf Seiten des Personals  verschärft die ohnehin angespannte Lage zusätzlich. Was kaum jemandem bewusst ist: Die in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung lebenden Personen gehören fast alle zur Risikogruppe. Auch verzeichnen wir eine wachsende Anzahl von positiv getesteten Menschen, die aber wiederum häufig nicht von den Krankenhäusern aufgenommen werden, wenn die Covid-19-Symptome nur schwach ausgeprägt sind.

Gleiches gilt auch für den Bereich der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Auch hier stehen Beziehungsarbeit und Kontinuität im Vordergrund. Kinder und Jugendliche haben über die Betreuungszeit eine enge Bindung zur Fachkraft aufgebaut, die nicht einfach ausgetauscht werden kann. Die Träger dieser Angebote sind gefordert, sich konzeptionell schnell anzupassen und den durch die Schul- und Kita-Schließungen gestiegenen Personalaufwand bestmöglich zu stemmen.

Die Belastung ist auch für die Familien besonders groß, die in armen und beengten Verhältnisseen leben. Dort werden die Wochen ohne Schulunterricht und ohne Kitabetreuung zu einer besonderen Belastungsprobe. Ob die Kinder eigene Zimmer haben und ob ein Balkon, eine Terrasse oder ein Garten vorhanden sind, macht in diesen Zeiten einen noch deutlich größeren Unterschied als unter normalen Umständen.

Durch die Kontaktsperren und die weiteren Beschränkungen des öffentlichen Lebens steigt zudem die Gefahr häuslicher Gewalt. Frauenhäuser und Kinderschutzdienste berichten bereits von mehr Anfragen und Hilferufen. Die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen machen es für Betroffene zusätzlich schwieriger, sich Hilfe zu holen, etwa unbemerkt zu telefonieren oder mit Vertrauenspersonen zu sprechen.

Auch die Situation in den Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende und in Gemeinschaftsunterkünften spitzt sich durch Ausgangs- und Kontaktauflagen immer mehr zu. Auch hier sind alle Träger gefordert, die weitere Beratung und Betreuung der Menschen unter den verschärften Bedingungen sicherzustellen.

Armutsgefährdete Menschen leben zudem häufig in beengten Wohnverhältnissen und https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Wohnen/Tabellen/belastung-wohnsituation-silc.htmlin Wohnungen mit Lärmbelästigung, Feuchtigkeitsschäden oder Umweltbelastung durch Industrie und Verkehr.

Alleinstehende Menschen sind von der gegenwärtig geltenden Kontaktsperre besonders betroffen, besonders, wenn sie zu einer Risikogruppe gehören oder eine psychische Erkrankung vorliegt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lebten zuletzt in Deutschland etwa 17 Mio. Menschen (736.000 Menschen in Rheinland-Pfalz) alleine in ihrer Wohnung, rund sechs Mio. von ihnen sind 65 Jahre und älter.

Auch für Wohnungslose gestaltet es sich sehr schwierig, ein persönliches Beratungsangebot aufrecht zu erhalten. Diesen Menschen fehlen nun die kontinuierliche Beratung und der persönliche Kontakt. Die Ansprechpartner fallen weitestgehend weg, häufig ist nur noch eine telefonische Beratung möglich. Und in den stationären Einrichtungen fehlen die erforderlichen räumlichen und hygienischen Voraussetzungen, um Verdachtsfälle entsprechend isolieren zu können.

Die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie schlagen sich flächendeckend auf alle Bereiche nieder. „Wir appellieren in aller Deutlichkeit, den Rettungsschirm aufzustocken, damit nach der Bewältigung der Corona-Pandemie unsere Angebote auch weiter existieren können“, so Andreas Zels. „Es ist heute schon klar, dass es zu Aufarbeitungsproblemen auf allen Ebenen kommen wird, die es zu lösen gilt. Genau deshalb ist ein zeitnahes und vorausschauendes Handeln unverzichtbar, damit die sozialen Dienstleister in der Zeit nach Corona adäquat aufgestellt sind“, so Zels abschließend.

Pressemitteilungen des Jahres 2019

Gemeinsame Presseerklärung der Evangelischen Landeskirchen, der Katholischen (Erz-) Diözesen und der LIGA RLP anlässlich der Beratung des KiTa-Zukunftsgesetzes im Landtag

KiTa-Zukunftsgesetz: Nachbesserung gefordert trotz positiver Ansätze im Gesetzentwurf

Stellungnahme 2. Entwurf Kita-Zukunfts-Gesetz

Anlässlich der Anhörung vor dem Bildungsausschuss des Landtages hat die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege sich zum 2. Gesetzentwurf positioniert.

Thesenpapier

Multiprofessionelle Teams – ein besonderes Qualitätsmerkmal der Kindertageseinrichtung (!?)

Mit dem vorliegenden Papier möchte die LIGA die Diskussion über die Weiterentwicklung der Teams in Kindertageseinrichtungen hin zu multiprofessionellen Teams in Rheinland- Pfalz anregen.

„Mainzer Erklärung“ für ein gemeinwohlorientiertes Glückspiel

Vertreter von sechs großen gesellschaftlichen Institutionen haben sich in Mainz für die Stärkung des gemeinwohlorientierten Glücksspielmodells ausgesprochen. Dies haben sie mit der gemeinsamen Unterzeichnung der sogenannten „Mainzer Erklärung”untermauert.  

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