Pressemitteilungen des Jahres 2021

Zwischenruf zu den Koalitionsverhandlungen aus den Landesligen der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz und im Saarland


Auch an die Verlierer/innen der Corona Pandemie denken
und Ausbildung und Arbeit für alle sichern!

Das Thema Armutsbekämpfung hat im Wahlkampf nicht die erforderliche Aufmerksamkeit gefunden. Notwendige Weichenstellungen in der Arbeitsmarktpolitik zur Integration benachteiligter Personengruppen in Arbeitsmarkt und Ausbildung spielten kaum eine Rolle. Dabei stehen der Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nicht zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie vor enorm großen Herausforderungen. Zugleich hat die Corona-Pandemie die Probleme unseres Landes offengelegt, wie die Schwächen in der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und in der Digitalisierung.

Für die Koalitionsverhandlungen fordern wir, dass die Interessen von benachteiligten Jugendlichen und von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Personen angemessenen berücksichtigt werden. Langzeitarbeitslosigkeit ist die wichtigste Einzelursache für Armut und soziale Ausgrenzung. Die Corona-Pandemie darf nicht weiter zur Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit beitragen. Sie darf auch nicht zu einer „Generation Corona“ unter den jungen Menschen führen, die es schwer haben auf dem Weg ins Berufsleben. Die Sicherung der Teilhabe innerhalb einer Gesellschaft ist wesentlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Dazu ist es notwendig,

1.   das bestehende Ausbildungsangebot um Angebote der außerbetrieblichen Ausbildung zu erweitern für all die Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz finden.

 Die Corona-Pandemie hat vor allem den Ausbildungsmarkt negativ beeinflusst. Ein verringertes Angebot an Ausbildungsplätzen ist besonders in den Betrieben des Handwerks, der Gastronomie und Hotelbranche und des Einzelhandels zu verzeichnen und damit besonders in den Branchen, die jungen Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf in besonderer Weise Ausbildung ermöglichen.[1]

Wir unterstützen die Forderung des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit[2] und fordern eine Ausbildungsgarantie, die durch die Ausweitung öffentlich geförderter Ausbildungen jedem jungen Menschen eine Berufsausbildung sichert. Berufsausbildungsmöglichkeiten müssen zusätzlich außerhalb von Betrieben (z.B. BAE integrativ) ausgebaut und zusätzliche öffentlich geförderte trägergestützte Ausbildungsplätze bereitgestellt werden. Ein flexibler Übergang in betriebliche Ausbildung muss dabei ermöglicht werden.

2.    das Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ nach § 16i SGB II zu entfristen und endlich ausreichend finanzielle Mittel für seine Umsetzung im Eingliederungstitel sowie über den Passiv-Aktiv-Transfer bereit zu stellen.

Mit dem Teilhabechancengesetz und dem neuen § 16i SGB II wurde ein Regelinstrument eingeführt, das dringend nötig war und noch wichtiger werden wird. Denn die Zahl der Langzeitarbeitslosen verfestigt sich im Zuge der Corona-Pandemie auf über eine Million. Menschen, die lange vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, können durch die Förderung eine echte Perspektive am Arbeitsmarkt und soziale Teilhabe erfahren. Aus dem Evaluationsbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergibt sich, dass mit dem § 16i eine Fördermöglichkeit für langzeitarbeitslose Menschen geschaffen wurde, für die es vorher oft keine passenden Förderungen zur Integration in Erwerbsarbeit gab. Der § 16i ist daher zu entfristen und zudem endlich mit ausreichenden Finanzmitteln auszustatten, damit mehr Personen ihn in Anspruch nehmen können. Den Leistungsberechtigten sollte für das Coaching unbedingt ein Wunsch- und Wahlrecht eingeräumt werden. Des Weiteren sprechen wir uns dafür aus, im Zuge der sich verfestigenden Langzeitarbeitslosigkeit zukünftig auch solche arbeitsmarktfernen Personengruppen in die Förderung des Teilhabechancengesetzes miteinzubeziehen, die die Fördervoraussetzung eines langjährigen Leistungsbezugs im SGB II nicht erfüllen.[3]

3.    die Fort- und Weiterbildung von Erwerbslosen deutlich auszubauen und die digitale Teilhabe aller zu sichern.

Im Zuge der Digitalisierung der Arbeitswelt und der anstehenden notwendigen Transformationsprozesse wird der Bedarf nach gering qualifizierten Arbeitskräften noch weiter zurückgehen. Um die in der Nationalen Weiterbildungsstrategie (NWS) definierten Ziele jedoch auch erreichen zu können, müssen ausreichende Mittel zur Finanzierung der Vermittlung von Grundqualifikationen, zur Vermittlung Digitaler Kompetenzen (digitale Teilhabe für alle!) und für abschlussbezogene Weiterbildungen bereitgestellt werden, insbesondere auch im Sozial- und Gesundheitssektor. Der Lebensunterhalt von Arbeitslosen während einer länger dauernden Fortbildung ist zudem besser abzusichern. Digitale Hardware und der Zugang zum Internet sind für alle sicherzustellen.


[1]  Im Krisenjahr 2020 sank das Ausbildungsplatzangebot gegenüber dem Vorjahr bundesweit um 50.700 Stellen (-8,8 %) auf rund 527.400 Angebote. Gleichzeitig nahm auch die Ausbildungsplatznachfrage um 53.000 Personen (-8,9 %) auf rund 545.700 Nachfragende ab. Für 2021 verzeichnet der aktuelle Bericht zur Lage am Ausbildungsmarkt (Juli 2021) der Bundesagentur für Arbeit einen weiteren Rückgang der Ausbildungsplätze um 3 Prozent. Die genannten Zahlen sind dem Zwischenruf des Kooperationsverbundes im Vorfeld der Bundestagswahl am 10.09.2021 entnommen, dort mit weiteren Angaben. https://jugendsozialarbeit.de/meldungen/allen-jugendlichen-den-weg-in-die-ausbildung-eroeffnen/ (Zugriff am 06.10.2021).

[2] Ebd.

[3] Vgl. dazu ausführlich die Positionierung der BAGFW zum Evaluationsbericht, unter bagfw (Zugriff am 06.10.2021).

 
Anke Marzi ist neue Vorsitzende der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz

Mainz. Die Vorstandsvorsitzende des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz e.V., Anke Marzi, übernimmt für zwei Jahre den Vorsitz der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz. Ihre Amtseinführung war im Rahmen eines Parlamentarischen Abend für den heutigen 28. Januar 2021 geplant, der aufgrund der derzeitigen Situation leider nicht stattfinden kann.

„Von Mensch zu Mensch lautet der Leitspruch der LIGA in Rheinland-Pfalz“, erklärt Anke Marzi. „Deshalb ist es mir ein Herzensanliegen den Fokus meiner Amtszeit vor allem auf die Auswirkungen der COVID 19-Pandemie zu legen. Schon jetzt erleben wir, wie sozial benachteiligte, bildungsferne und von Armut geprägte Familien in schwierigen Situationen leben. Als LIGA in Rheinland-Pfalz setzen wir uns für gleiche Chancen aller Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnen ein“, erläutert Marzi weiter. „Und so gilt es gemeinsam mit vielen Partner:innen neue Ideen zu entwickeln und Rahmenbedingungen zu schaffen, die noch stärker eine gerechte, sozial verträgliche, solidarische Infrastruktur in Rheinland-Pfalz ermöglichen.“

Anke Marzi folgt Andreas Zels vom AWO Bezirksverband Rheinland an der Spitze der LIGA. Der LIGA-Vorsitz wechselt turnusgemäß alle zwei Jahre.

Hintergrund:

Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz e.V. ist der Zusammenschluss der fünf Verbandsgruppen – Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, Deutsches Rotes Kreuz und der Paritätische – zu einem Spitzenverband auf Landesebene. Die Verbandsgruppen beschäftigen zusammen über 175.000 Mitarbeitende. Zusätzlich engagieren sich mehr als 30.000 Ehrenamtliche in den Wohlfahrtsverbänden in Rheinland-Pfalz. Die LIGA versteht sich als Lobby benachteiligter Menschen und tritt als sozialpolitischer Akteur für deren Interessen ein.

Für einen Ausbau der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund in Rheinland-Pfalz

Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund, die psychisch erkrankt sind, werden in unserem Gesundheitssystem aktuell nicht adäquat versorgt und kommen im Regelsystem vielfach nicht an. Besonders betroffen sind psychisch kranke Menschen, deren Gesundheitsversorgung nach Asylbewerberleistungsgesetz geregelt wird, und Menschen mit Migrationsgeschichte, deren Kenntnisse der deutschen Sprache für eine Behandlung auf Deutsch nicht ausreichend sind.

„Die oftmals durch mangelnde Finanzierung fehlende/ausbleibende Sprachmittlung in der Diagnostik und Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund führt durch Nichterkennung von Erkrankungen und Fehldiagnosen häufig zu vielfach höheren Folgekosten durch ungünstige Krankheitsverläufe und langfristige psychosoziale Beeinträchtigungen… eine fragwürdige Rechnung!“ sagt Dr. Donya Gilan, Leiterin der Trans-kulturellen Ambulanz der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz.

Die ohnehin vorhandenen Probleme in Prävention und Versorgung werden durch die Auswirkungen der Coronakrise weiter verstärkt und treffen insbesondere die Geflüchteten in den Aufnahme- und Gemeinschaftsunterkünften mit voller Wucht.

„Oftmals hängt der Erfolg einer Weitervermittlung ins Regelsystem vom persönlichen Engagement einzelner Personen ab. Wir benötigen in den Organisationsstrukturen deutlich mehr Klarheit und fest verankerte Ansprechpersonen sowie eine ausreichende Transparenz beim Antragsverfahren im ambulanten Setting“, gibt Ulrich Bestle, Vorstandsmitglied der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz zu bedenken.

Die Bemühungen um eine wirksame migrationsgesellschaftliche Öffnung des Gesundheitssystems müssen weiter vorangetrieben und intensiviert werden. Damit das Recht auf Gesundheit, wie es u.a. im UN-Sozialpakt verankert ist, auch von der hier im Fokus stehenden Zielgruppe in Anspruch genommen werden kann, müssen staatliche Gesundheitsleistungen und -einrichtungen verfügbar, zugänglich, annehmbar und von ausreichender Qualität sein. Die Zugänge zum deutschen Gesundheitssystem sind jedoch für die genannten Gruppen nach wie vor prekär und die Zugangsbarrieren mithin für eine effektive psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung groß. Zu deren Überwindung wurden u.a. im Zuge der Aufnahme von Flüchtlingen seit 2015 punktuelle Lösungsansätze entwickelt, jedoch bislang keine systematischen Lösungen gefunden.

Dazu Anke Marzi, Vorsitzende der LIGA Rheinland-Pfalz: „Traumatisierte Schutzsuchende sind in der EU-Aufnahmerichtlinie – gemeinsam mit anderen Gruppen – als besonders vulnerable Personen definiert, denen eine besondere Schutzbedürftigkeit zugesprochen wird. Wie sollen wir den besonderen Bedürfnissen dieser Menschen gerecht werden, wenn wir bislang nicht einmal ihren psychosozialen Versorgungsbedarf strukturiert erheben!?“

Das nunmehr vorgelegte Positionspapier soll einen fachübergreifenden und breiten Austausch über die vorgestellten Forderungen anstoßen und dazu beitragen, gemeinsam konkrete Lösungsansätze zu erarbeiten.

Gesprächs- und Interviewanfragen können an die Koordinierungsstelle für die interkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems in RLP gerichtet werden:


Kontakt:

Koordinierungsstelle für die interkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems in Rheinland-Pfalz

Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V.
Ludwig-Hillesheim-Str. 3
56626 Andernach

Tel.: 02632/2502-20
Fax: 02632/2502-10

E-Mail: koordinierungsstelle@caritas-andernach.de
www.interkulturell-gesundheit-rlp.de

Zum Welt-AIDS-Tag: Die Freie Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz setzt sich gegen Diskriminierung ein

Mainz – Zum morgigen Welt-AIDS-Tag setzen die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Menschen mit HIV im Arbeitsleben. Unter dem Dach der LIGA der freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz unterzeichnen sie zum Welt-AIDS-Tag die Deklaration „Positiv Arbeiten“ der Deutschen Aidshilfe.

Die 12 Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz verstehen sich als sozialpolitische Mitgestalter. Sie setzen sich für ein gesellschaftliches Klima ein, in dem Menschen nicht ausgegrenzt werden. Dies schließt auch das Engagement für Menschen mit HIV ein.

Gleichzeitig sind die Verbände auch Arbeitgeber von mehr als 175.000 Menschen. Damit gehört die Freie Wohlfahrtspflege zu den größten Arbeitgebern in Rheinland-Pfalz. In dieser Rolle übernehmen die Verbände eine Vorbildfunktion und setzen sich aktiv gegen Diskriminierung ein. „Wir stehen für gerechte Arbeits- und Lebensbedingungen in Rheinland-Pfalz. Mit dieser Haltung gehen wir keinem gesellschaftlichen Thema aus dem Weg und übernehmen Verantwortung für unser eigenes Handeln als Arbeitgeber. Daher unterstützen wir die Deutsche Aidshilfe mit ihrer Kampagne ‚Positiv Arbeiten‘“, so Andreas Zels, Vorsitzender der LIGA Rheinland-Pfalz. Das gemeinsame Ziel ist ein diskriminierungsfreier Umgang mit HIV-positiven Menschen im Arbeitsleben.

Der Einsatz gegen die Diskriminierung von Menschen mit HIV ist in der heutigen Zeit von besonderer Bedeutung. So hat sich seit den 1980er Jahren das Krankheitsbild HIV stark verändert. Wenn heute eine HIV-Infektion rechtzeitig diagnostiziert wird, dann reicht zur Behandlung meist eine Tablette am Tag mit geringen Nebenwirkungen aus. Diese Therapie unterbindet das Fortschreiten der Infektion, verhindert die AIDS-Erkrankung und kann eine normale Lebenserwartung erhalten. Die Therapie ist so wirksam, dass keine Viren mehr in den Körperflüssigkeiten nachweisbar sind. Die Infektion kann damit nicht mehr an andere weitergegeben werden. Damit wird auch deutlich: „HIV braucht im Arbeitsalltag überhaupt keine Rolle zu spielen. Einem ganz normalen kollegialen Umgang steht nichts im Wege. Wir appellieren an alle Menschen in der Arbeitswelt: Tragen Sie dieses Wissen auch in Ihr Umfeld!“, so Wilfried Holz, Vorstand der Deutschen Aidshilfe.

Wenn sich dieses Wissen nicht verbreitet, bleibt HIV jedoch weiterhin ein gesellschaftliches Problem. Menschen mit HIV erfahren in ihrem privaten und beruflichen Umfeld Ausgrenzung. Besonders häufig wird über eine Diskriminierung im Gesundheitssystem berichtet. Insbesondere Zahnärzte lehnen immer wieder die Behandlung von Menschen mit HIV ab oder vergeben höchstens Termine am Ende der Sprechzeit. Diese Diskriminierungserfahrungen führen zu großen psychischen Belastungen. Angst vor Zurückweisung und Heimlichkeit lähmen Menschen, die dann aus Angst immer wieder auf einen HIV-Test verzichten. So werden Infektionen zu spät erkannt. Menschen mit HIV profitieren nicht mehr voll von den Möglichkeiten der antiretroviralen Therapie. Aktuell betrifft das, so das Robert-Koch-Institut, 32 % der HIV-Diagnosen. In ländlichen Räumen liegen diese Raten teilweise noch höher. Zum Welt-AIDS-Tag setzen die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Menschen mit HIV im Arbeitsleben. Unter dem Dach der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz unterzeichnen sie zum Welt-AIDS-Tag die Deklaration „Positiv Arbeiten“ der Deutschen Aidshilfe.

 Sie finden hier die Deklaration sowie die Hintergrundinformationen zu der Deklaration “Positiv Arbeiten”

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